Statische und Dynamische Systeme

Statische und Dynamische Systeme

Linearität

Gegeben ein System $S$

wertekontinuierliche_lineare_systeme.drawio

$$ \underline{x}_k \rightarrow \underline{y}_k \qquad k \in \mathbb{N}_0 $$

Zwei Bedingungen der Linearität

  • Skalierung

    $$ \underline{x}_k \rightarrow \underline{y}_k \Rightarrow A \cdot \underline{x}_k \rightarrow A \cdot \underline{y}_k $$
  • Superposition

    $$ \begin{aligned} \underline{x}_k^1 \rightarrow \underline{y}_k^1, \quad \underline{x}_k^2 \rightarrow \underline{y}_k^2 \\ \Rightarrow \underline{x}_k^1 + \underline{x}_k^2 \rightarrow \underline{y}_k^1 + \underline{y}_k^2 \end{aligned} $$

Statische Systeme

  • Ein-/Ausgänge: Zufallsvektoren $\underline{u}_k$ und $\underline{y}_k$ ($k \in \mathbb{N}_0$ ist der Zeitschritt)

    wertekontinuierliche_lineare_systeme-statische_systeme.drawio
    • $\underline{u}_k \in \mathbb{R}^P$ und $\underline{y}_k \in \mathbb{R}^M$ sind wertekontinuierlich
  • Abbildung von $\underline{u}_k$ und $\underline{y}_k$ durch lineare Abbildung

    $$ \underline{y}_k = \mathbf{A}_k \cdot \underline{u}_k $$

    wobei $\mathbf{A}_k \in \mathbb{R}^{M \times P}$

  • Beschreibung der Unsicherheiten in $\underline{u}_k$ und $\underline{y}_k$ durch die ersten beiden Momente

    • Erwartungswert
      • $\underline{\hat{u}}_k := E\{\underline{u}_k\}$
      • $\underline{\hat{y}}_k := E\{\underline{y}_k\}$
    • Kovarianz Matrix
      • $C_k^u := \operatorname{Cov}\{\underline{u}_k\}$
      • $C_k^y := \operatorname{Cov}\{\underline{y}_k\}$
  • Beschreibung der Kenngröße $\underline{\hat{y}}_k, C_k^y$ für gegebene $\underline{\hat{u}}_k, C_k^u$

    $$ \begin{aligned} \hat{y}_{k} &=E\left\{\underline{y}_{k}\right\} \\ &=E\left\{A_{k} \cdot x_{k}\right\} \\ &=A_{k} \cdot E\left\{x_{k}\right\} \\ &=A_{k} \cdot \hat{\underline{u}}_{k} \\\\ C_{k}^{y} &=\operatorname{Cov}\left\{\underline{y}_{k}\right\} \\ &=E\left\{\left(y_{k}-\hat{y}_{k}\right)\left(\underline{y}_{k}-\underline{y}_{k}\right)^{\top}\right\} \\ &=E\left\{A_{k}\left(\underline{u}_{k}-\underline{\hat{u}}_{k}\right)\left(\underline{u}_{k}-\underline{\hat{u}}_{k}\right)^{\top} A_{k}^{\top}\right\} \\ &=A_{k} E\left\{\left(\underline{u}_{k}-\hat{u}_{k}\right)\left(\underline{u}_{k}-\underline{\hat{u}}_{k}\right)^{\top}\right\} A_{k}^{\top} \\ &=A_{k} \cdot C_{k}^{u} \cdot A_{k}^{\top} \end{aligned} $$

Dynamische Systeme

  • Anregung hängt nicht nur vom aktuellen Eingang $\underline{u}_k$ ab (analog wie wertdiskrete Systeme), sondern auch vom aktuellen Zustand
  • Zustände werden in internen Speichern gespeichert
  • Gesamtsystem ("Gauß-Markov-Modell") besteht aus
    • Systemabbildung
    • Messabbildung
Graphische Darstellung von dynamischer Systeme

Graphische Darstellung von dynamischer Systeme

Systemabbildung

Definition

Ein lineares Zustandraummodell wird als zeitinvariant (Engl. Linear Time Invariant (LTI)) bezeichnet, falls die Systemmatrizen nicht von Zeitindex $k$ abhängen, also

$$ \mathbf{A}\_{k} = \mathbf{A}, \quad \mathbf{B}\_{k} = \mathbf{B} $$

Zeitliche Entwicklung (linear)

$$ \underline{x}_{k+1}=\mathbf{A}_{k} \cdot \underline{x}_{k}+\mathbf{B}_{k} \cdot \underbrace{(\underline{\tilde{u}}_{k}+\underline{w}_{k})}_{=\underline{u}_{k}} $$
  • Zustand: Zufallsvektor $\underline{x}_k \in \mathbb{R}^N, k\in \mathbb{N}_0$

  • Markov-Modell (erster Ordnung): $\underline{x}_{k+1}$ hängt NUR von $\underline{x}_{k}$ und $\underline{u}_{k}$ ab

  • Häufig wird $\underline{u}_{k}$ mit mittelwertfreien Rauschen argestellt

    $$ \underline{u}_{k}=\underline{\tilde{u}}_{k}+\underline{w}_{k} $$
    • $\underline{\tilde{u}}_{k}$ bekannt
    • Zufallsvektor $\underline{w}_{k}$ mit $E\{\underline{w}_k\} = \underline{0}, \operatorname{Cov}\{\underline{w}_k\} = c_k^w$

Messabbildung

  • Zustand $\underline{x}_k$ typischerweise NICHT verfügbar

  • Ausgang $\underline{y}_{k}$ hängt von $\underline{x}_k$ und evtl. von $\underline{u}_k$

  • Lineare Messabbildung

    $$ \underline{y}_{k}=\mathbf{H}_{k} \cdot \underline{x}_{k}+\underline{v}_{k} $$
    • $\underline{v}_{k}$: additives mittelwertfreien Messrauschen ($E\{\underline{w}_k\} = \underline{0}, \operatorname{Cov}\{\underline{w}_k\} = c_k^w$ )
    • Messabbildung ist zeitinvaraint, falls $\mathbf{H}_{k} = \mathbf{H}$

Einschub: Systemeigenschaften zeitdiskreter Systeme

Für Definitionen von Systemeigenschaften zeitdiskreter Systeme siehe Signale und Systeme1 Seite 312 - 314.

Linearität

Ein zeitdiskretes System $\mathcal{S}$ heißt linear, wenn für zwei beliebige Eingangssignale $y_{\mathrm{e} 1, n}$ und $y_{\mathrm{e} 2, n}$ und zwei beliebige Konstanten $c_1, c_2 \in \mathbb{R}$ oder $\mathbb{C}$

$$ \mathcal{S}\left\{c_{1} y_{\mathrm{e} 1, n}+c_{2} y_{\mathrm{e} 2, n}\right\}=c_{1} \mathcal{S}\left\{y_{\mathrm{e} 1, n}\right\}+c_{2} \mathcal{S}\left\{y_{\mathrm{e} 2, n}\right\} $$

gilt.

  • Erweiterung auf auf $N$ Eingangssignale

    $$ \mathcal{S}\left\{\sum_{i=1}^{N} c_{i} y_{\mathrm{e} i, n}\right\}=\sum_{i=1}^{N} c_{i} \mathcal{S}\left\{y_{\mathrm{e} i, n}\right\} $$
  • Erweiterung auf unendlich viele Eingangssignale

    $$ \mathcal{S}\left\{\sum_{i=-\infty}^{\infty} c_{i} y_{\mathrm{e} i, n}\right\}=\sum_{i=-\infty}^{\infty} c_{i} \mathcal{S}\left\{y_{\mathrm{e} i, n}\right\} $$

Zeitinvarianz

Ein zeitdiskretes System $\mathcal{S}$ heißt zeitinvariant, wenn es auf ein zeitlich verschobenes Eingangssignal $y_{\mathrm{e}, n-n_{0}}$ mit dem entsprechend zeitlichverschobenen Ausgangssignal $y_{\mathrm{a}, n-n_{0}}$ antwortet

$$ y_{\mathrm{a}, n}=\mathcal{S}\left\{y_{\mathrm{e}, n}\right\} \quad \Longrightarrow \quad y_{\mathrm{a}, n-n_{0}}=\mathcal{S}\left\{y_{\mathrm{e}, n-n_{0}}\right\}. $$

Sonst heißen die Systeme zeitvariant.

Kausalität

Ein zeitdiskretes System S heißt kausal, wenn die Antwort NUR von gegenwärtigen oder vergangenen, nicht jedoch von zukünftigen Werten des Eingangssignals abhängt.

Dies bedeutet, dass für ein System $\mathcal{S}$ aus

$$ y_{\mathrm{e} 1, n}=y_{\mathrm{e} 2, n} \quad \text { für } n \leq n_{1} $$

und

$$ y_{\mathrm{a} 1, n}=\mathcal{S}\left\{y_{\mathrm{e} 1, n}\right\}, \quad y_{\mathrm{a} 2, n}=\mathcal{S}\left\{y_{\mathrm{e} 2, n}\right\} $$

stets

$$ y_{\mathrm{a} 1, n}=y_{\mathrm{a} 2, n} \quad \text { für } n \leq n_{1} $$

folgt.

Beispiel

(Übungsblatt 5, Aufgabe 1)

Ein zeidiskretes wertekontinuierliches System $S$ wird durch die Differenzengleichung

$$ y_{k}-2^{k} \cdot y_{k+1}+3 \cdot y_{k+2}^{2}=4 \cdot u_{k}-2 \cdot u_{k+1} $$

beschrieben.

  1. Ist das System $S$ linear?

    Das System $S$ ist aufgrund des Terms $y_{k+2}^{2}$ NICHT linear.

  2. Ist das System $S$ zeitinvariant?

    Das System $S$ ist wegen des zeitabhängigen Koeffizienten $2^k$ von $y_{k+1}$ zeitvariant.

  3. Ist das System $S$ kausal?

    Das System $S$ ist kausal, da $y_{k+2}$ nur von vergangenen Eingangswerten abhängt.


  1. F. P. León and H. Jäkel. Signale und Systeme. De Gruyter Oldenbourg, Berlin, Boston, 02 Sep. 2019. ISBN 978-3-11-062632-2. doi: https://doi.org/10.1515/9783110626322. URL https://www.degruyter.com/view/title/543041↩︎